Was ist systemisch?

Grundlage für die systemische Praxis ist die Kooperation zwischen Hilfesuchendem und Helfer. Zentrales Arbeitsmittel ist der öffnende Dialog, der durch eine Haltung des Respekts, der Unvoreingenommenheit, des Interesses und der Wertschätzung gegenüber dem Klienten und dessen bisherigen Handlungs- und Lebensstrategien gekennzeichnet ist.

Festgefahrenes in Bewegung bringen

Im zwischenmenschlichen Miteinander entstehen Muster. Diese können hilfreich sein, sie können aber auch als problematisch erlebt werden. Im systemischen Ansatz tritt die Ergründung der Ursachen dieser Musterentstehung und -erhaltung eher in den Hintergrund und es wird versucht, diese Muster zu „verstören”, damit sie nicht wie gewohnt ablaufen und sich neue bilden können.

 

Im systemischen Therapie- bzw. Beratungsprozess wird eine Meta-Stabilität geschaffen, in der Vertrauen und das Gefühl von Sicherheit entstehen können. Innerhalb dieses stabilen Rahmens werden festgefahrene Denk-, Erwartungs- und Verhaltensroutinen, die das festgefahrene, unerwünschte Muster nähren, verstört.

 

Muster entstehen sowohl in den gewohnten „Systemen“ unserer sozialen Welt, wie etwa Familien, Schulklassen, Gemeinden, Teams und Organisationen, als auch in allen anderen Bereichen.

 

Beschreibung statt starrer Zuschreibung

Im therapeutischen und beraterischen Bereich orientiert sich systemische Praxis am Anliegen der Klienten (Kund*innen) und verzichtet auf normative Zielsetzungen und Pathologisierung. Im Rahmen von fürsorglichen und sozial-pädagogischen Maßnahmen knüpft systemische Praxis an die Ressourcen der Beteiligten an, um ethisch vertretbare Zustände herbeizuführen.

Die systemische Praxis verfolgt gemäß ihrem theoretischen Ansatz weder das Ziel, die Probleme nur diagnostisch zu erkunden und zu klassifizieren noch sie monokausal zu verändern. Vielmehr versucht sie im Dialog mit den Betroffenen Beschreibungen zu entwickeln, die die Möglichkeiten aller Beteiligten erweitern, wahrzunehmen, zu denken und zu handeln. Sie sucht also nach Bedingungen, mit deren Hilfe die Klienten ihre Ressourcen aktivieren können, um in Selbstorganisation zu ihren Zielen gelangen zu können.

Ressourcen und Ziele

Seelische Probleme und Störungen werden in der systemischen Therapie nicht als innerpsychische „Krankheit“ beschrieben, deren tief in der Vergangenheit liegende Ursachen es zu ergründen gilt. Sie sind auch kein Anlass, den Betroffenen darin zu bestärken, er sei das arme Opfer schwieriger Umstände.

Stattdessen kann ein Problem als Herausforderung gesehen werden, wodurch beim Betroffenen und den bedeutsamen Personen in seiner Umgebung neue Kräfte geweckt werden können. Es wird von dem ausgegangen, was er selbst verändern will und was sich auch verändern lässt. Statt Resignation, Einengung und Selbstmitleid liegt der Schwerpunkt auf der Anerkennung bereits vorhandener Fähigkeiten, auf Zukunftsperspektive und Selbstbestimmung, auch bei scheinbar aussichtslosen Problemen.

Selbst-Expertentum

Statt der immer besseren „Erfassung“ von Individuen und Systemen rückt der Erkennende (Beobachter) und seine persönlichen Hintergründe (Vorerfahrungen, Glaubenssysteme, Tabus und „blinde Flecken“) in den Vordergrund. Systemisch ausgerichtete Therapeut/-innen, Berater/-innen und Supervisor/-innen gehen von der Autonomie der Rat- und Hilfesuchenden aus und betrachten diese als „Experten und Expertinnen ihrer selbst“. Dabei wird das individuelle Erleben der Einzelnen als subjektive Verarbeitung ihrer lebensgeschichtlichen, affektiven und kognitiven Beziehungserfahrungen verstanden.

Wirklichkeit erzeugen

Systemische Praxis fokussiert darauf, wie Mitglieder sozialer Systeme über Handlungen und Sprache Wirklichkeiten erzeugen und diese über spezifische Muster und Interaktionsprozesse aufrechterhalten. Intra- und interindividuelle Probleme werden auf der Ebene kommunikativer Muster und Beziehungsstrukturen sozialer Systeme rekonstruiert (Problemsystem, Kontextualisierung). Interventionen, die auf diese Muster günstig einwirken, lösen Veränderungen aus und tragen zur Problemlösung bei. Dabei kann es sich um die Anregung und Aktualisierung vorhandener kognitiver und interaktioneller Strukturen, um das Überwinden problematischer Muster oder um eine Entwicklungsförderung handeln.

Systemische Methoden

Aus dem systemischen Ansatz entstandene Arbeitsmethoden, die für systemisches Arbeiten bis heute kennzeichnend sind, weil sie es ermöglichen, Mehrpersonensysteme zu interviewen bzw. Systeme in Bewegung zu bringen, haben sich in der Praxis bewährt. Der Kern systemischen Arbeitens ist die systemische Grundhaltung, die Menschen in ihren Systemzusammenhängen in den Blick nimmt und eine kooperative, gleichberechtigte Beziehung zwischen allen Beteiligten einer Therapie oder Beratung sucht.

Zentrales Arbeitsmittel systemischer Praxis ist der öffnende Dialog. Den Klienten*innen gegenüber bemüht man sich um eine Haltung des Respekts, der Unvoreingenommenheit, des Interesses und der Wertschätzung bisheriger Lebensstrategien und Verhaltensweisen. Dem ist der jeweilige Einsatz von Arbeitsmitteln und Handlungsstrategien nachgeordnet.

Wissenschaftliche Anerkennung

Der Wissenschaftliche Beirat Psychotherapie (WBP) hat im Dezember 2008 die systemische Therapie als wissenschaftlich anerkanntes Psychotherapie-Verfahren bestätigt. Grundlage dafür bildete die von Kirsten von Sydow, Stefan Beher, Rüdiger Retzlaff und Jochen Schweitzer verfasste Studie „Die Wirksamkeit der Systemischen Therapie/Familientherapie“ (Göttingen 2006).

Systemische Therapie gehört mittlerweile zu den meistgefragten Qualifikationen im Bereich der psychosozialen und ärztlichen Versorgung. Sie wird von Angehörigen unterschiedlicher Berufsgruppen ausgeübt, entsprechend der interdisziplinären Ausrichtung des systemischen Ansatzes.

So teilt die systemische Beratung die systemisch-konstruktivistischen Grundideen der systemischen Therapie. Sie unterscheidet sich durch ein breiteres Spektrum von zu bearbeitenden Anliegen, Auftragslagen und Vorgehensweisen.

Warum systemisch?

Überzeugt Sie der systemische Ansatz?

Manchmal braucht es einen neutralen Ort der Geborgenheit, an dem man sich vorurteilsfrei öffnen kann.

Ich würde mich freuen, wenn Sie diesen Ort in meiner Praxis finden.